In Grossbritannien ist von den Rennsportbehörden zwar erkannt worden, dass derzeit weltweit eine Wohlfahrtsstrategie festzustellen sei, Handlungsbedarf allerdings sieht man auf der Insel nicht. Anders in Frankreich, wo France Galopp Ende Februar beschloss, die Anzahl Peitscheneinsätze von sechs auf fünf zu reduzieren, um damit die sichtbare Präsenz der Peitsche in der Hand der Jockeys zu verringern. Der Grund dafür ist, das Image des Pferderennsports in der Bevölkerung zu verbessern. Das scheint nötig, denn die Umsätze bei den Pferdewetten sind stark rückläufig.
Nicht mehr «undercover»
Um das Wohlergehen der Pferde im Sport kümmert sich der Schweizer Tierschutz STS aus anderen Gründen. Tierschutz ist seine Aufgabe, das Pferd gehört seit Anbeginn dazu, wie der STS mit dem Ende Februar veröffentlichten Turnierbericht 2017/2018 bekräftigt. An Kritik am Verhalten von Reiterinnen und Reitern fehlt es darin nicht, positiv erwähnt wird dafür die Zusammenarbeit mit Verbänden und Organisatoren. Zum Beispiel wurden ab Mitte 2018 die Turniere vom STS nicht mehr «undercover» besucht, sondern in Absprache mit dem SVPS und den Turnierveranstaltern, was sich für beide Parteien als nützlich erwiesen habe.
Wie wichtig die Förderung des Tierschutzes aus dem vertrauten Umgang mit dem Tier ist und weniger als Reaktion auf Aussenappelle durch tierferne Illusionisten, darauf machte schon vor mehr als zwanzig Jahren Professor Heinz Meyer aufmerksam. Meyer forderte als langjähriger Beobachter des Pferdesports – er wies als Erster auf die nicht vertretbare Rollkur hin – unter anderem eine Orientierung der öffentlichen Sportwettbewerbe an der anatomisch-physiologoisch sowie ethologisch ausgerichteten Ausbildung des Pferdes und nicht an den Anforderungen eines von der Attraktivität für die Medien bestimmten Showbusiness. Dabei geht es für Meyer auch um die Sensibiliserung des Menschen für die Befindlichkeiten des Pferdes in einer Gesellschaft, die zu ihrer ökonomischen Existenzfristung nicht (mehr) auf das Pferd angewiesen ist und dessen Haltung und Nutzung vielmehr ausschliesslich ihrer Erweiterung und Steigerung des Lebens dient.
Beobachtungen an 18 Veranstaltungen
In den vergangenen zwei Jahren hatten STS-Leute 18 Dressur-, Spring- und Westernturniere sowie die Gala der Gangpferde in Bern besucht und dabei unsanfte Reitweisen und verbotene Praktiken als Beweise auch im Bild festgehalten. Laut Bericht haben Fachleute des Schweizer Tierschutzes STS bei ihren Turnierbesuchen verschiedentlich grobe Reitweisen beobachtet, die auch in den Reglementen des SVPS als «nicht pferdegerecht – sofortiger Handlungsbedarf» gelistet werden. Trotz erkennbarem Abwehrverhalten der Pferde oder fehlbarem Verhalten der Reiter wurde – so steht es im Bericht – bis auf wenige Ausnahmen nicht eingegriffen. Besonders erwähnt wird dabei die Rollkur, die öfters zu beobachten gewesen sei, interveniert worden sei dagegen nie.
Im Unterschied zu militanten Organisationen wendet sich der Schweizer Tierschutz STS nicht grundsätzlich gegen die Ausübung des Pferdesports, fordert aber die Verbände auf, ihren nicht zuletzt zum Wohl der Pferde abgefassten Reglementen stärker nachzuleben und nicht zu zögern, die gelbe Karte zu zeigen.
Dank für konstruktiven Austausch
Die Forderungen nach Pferdewohl in Sport und Freizeit sind von den Reitern und Fahrern selber ernst zu nehmen. Wenn sie es nicht tun, kümmert sich garantiert jemand anders darum. Umso erfreulicher, wenn der Schweizer Tierschutz STS die Zusammenarbeit mit den Verbänden explizit mit den Worten würdigt: «Dem SVPS und den involvierten Turnierverantwortlichen gebührt besten Dank für den konstruktiven Austausch, sowohl an Sitzungen wie auch an Turnieren.» Dem SVPS wurde der Bericht zudem vor der Veröffentlichung zur fachlichen Beurteilung vorgelegt. Froh über die gemeinsamen Gespräche mit dem Tierschutz zeigt sich auch SVPS-Präsident Charles Trolliet: «Grundsätzlich waren wir mit dem Inhalt im Vergleich zum ersten Turnierbericht positiv überrascht. Wir teilen zwar nicht immer die gleichen Ansichten wie etwa dann, wenn es beispielsweise um die Beurteilung der Rollkur geht. Vor allem zeigt sich im Bericht, dass der SVPS und der Tierschutz nicht miteinander im Kampf stehen, sondern vielmehr die gleichen Ziele verfolgen, nämlich, das Wohlergehen des Pferdes im Sport zu gewährleisten!» Eine Aussage, die im Schlusswort des 18 Seiten starken STS-Turnierberichts bestätigt wird.