Aus “Kavallo” 03/24: Jede Kultur arbeitet zuallererst mit dem, was vor der Haustür wächst, rumwuselt oder schwimmt. Die Geschichte der Medizin ist voll von Beispielen dafür und auch heute noch sind viele therapeutische Ansätze geprägt von den Kräutern, die in einer Region gedeihen und von Tieren, die im näheren Umfeld leben. Und oft machen dann Salben, Tinkturen, Kräutertees, Murmeltierfett und tausend andere anfänglich regionale Heilmittel den Weg über die Alternativ- in die Schulmedizin. Natürlich gibt es auch Techniken und Methoden, die den Weg über die militärische, dann wirtschaftliche Nutzung in den medizinischen Bereich finden, und auch da meist zuerst in die Human- und erst dann in die Tiermedizin.
Von Christoph Meier und Andrea Plaen
Wir Rösseler kennen alle die Magnetfelddecken, viele kennen die Laser- , einige auch die Kaltplasmatherapie und viele andere. Einige dieser Ansätze zielen darauf ab, das Regenerierungspotenzial des behandelten Körpers in Schwung zu bringen und damit zur Selbstheilung anzuregen. Die Schulmedizin ist längst davon abgekommen, alles, was über den rein chirurgischen oder über den medikamentös Unliebsames unterdrückenden Ansatz hinausgeht, pauschal abzulehnen. Es zählt in der modernen Medizin primär die Evidenz und Effizienz therapeutischer Arbeit und ihre Duplizierbarkeit unter gleichen Bedingungen. So ist es nicht verwunderlich, dass es zuerst die Fischer in Island waren, die auf die verrückte Idee kamen, nicht irgendwelche Kräuter, die dort gar nicht wachsen, sondern die haufenweise vorhandenen Fischhäute therapeutisch einzusetzen. Und die Evidenz und Effizienz waren so beeidruckend, dass daraus ein Unternehmen namens Kerecis (www.kerecis.com) entstand, das zuerst einmal die wirksamste Fischhaut selektionierte, nämlich die des nordatlantischen Kabeljaus, die über eine ähnliche Struktur wie die menschliche Haut und den Vorteil verfügt, keine unerwünschten Krankheitskeime zu übertragen.
Dann unternahm Kerecis alles Notwendige, um den Hygienestandards moderner Medizin gerecht zu werden. Das isländische Unternehmen Kerecis, das dieses als ‘medizinische Fischhaut’ bezeichnete Produkt entwickelte, setzte diese die menschliche Haut regenerierende Fischhaut zuerst vor allem bei schlecht heilenden Brandwunden ein. Inzwischen hat sich der Ansatz vor allem in den USA in der Humanmedizin bereits durchgesetzt und Kerecis versucht nun auch in der Tiermedizin Hilfe anzubieten. Da die medizinische Fischhaut nicht nur bei frischen, offenen, sondern auch bei alten, schlecht heilenden Wunden Erfolge zeigte, wagten wir einen Test mit meinem 16-jährigen Eventer, der schon seit mehreren Jahren an der Schnittstelle zwischen Fesselhöhle und Kronrand an allen vier Hufen an Hautirritationen litt, die vom Labor mit dem wenig aussagekräftigen Verdikt ‘kann Papillomaviren enthalten’ versehen wurden. Dazu kamen allgemeine Hufprobleme mit Hornspalten und Fehlstellungen, die kein Hufschmied bislang nachhaltig beheben konnte. Nachdem wir mit allen uns bekannten Ansätzen keinen Erfolg hatten, hörten wir diesen Sommer erstmals von der Fischhaut-Therapie.
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