Esel eignen sich nicht für die Beweidung von grünen, saftigen Wiesen, aber sie können eine wertvolle Hilfe bei der Pflege von Biotopen sein.
- Von Michael Götz, M. Götz Agrarjournalist GmbH
Die Pflege von Biotopen benötigt oft viel Handarbeit oder den Einsatz von Maschinen. Letztere richten leicht mehr Schaden als Nutzen an. Die Idee, Esel zur Beweidung von eher trockenen Standorten zu verwenden, kommt aus dem deutschen Rheinhessen. René Reifenrath hat in der Region Mainz-Bingen ein Projekt auf die Beine gestellt, in dem Esel nicht nur ein abwechslungsreiches und artgerechtes Leben haben, sondern auch gut betreut werden, lobt Sandra Schaefler vom Schweizer Tierschutz STS. Sie hat ihn zu einem Online Erfahrungsaustauch mit der neu vom STS gegründeten Esel-Muli Arbeitsgruppe eingeladen.
Esel fressen selektiv
René Reifenrath hat sich im Laufe der Zeit durch ehrenamtliche Tätigkeiten im Biotopschutz viel Wissen angeeignet. Er stellte fest, dass sich die Biotope auf Kalksandböden nur ungenügend mit Motorsäge, Motorsense und Rechen pflegen liessen. «Wir waren damit auf dem Holzweg», stellt er fest. Die dichte Pflanzendecke und Humusansammlungen unterdrückten die spezialisierten Pflanzenarten und liessen sich nur mit viel Mühe entfernen. Beim Besuch einer Eselhaltung in der Landschaftspflege habe es bei ihm «Klick gemacht». Esel fressen selektiv, haben eine sehr gute Futterverwertung und ihr Kot ist nährstoffarm. «Ideal für die Biotoppflege», stellt Reifenrath fest. Zusammen mit seiner Frau kaufte er Esel, zum Teil «Tierschutzfälle» und überzeugte die Naturschutzbehörden des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, die Biotoppflege mit Eseln zu unterstützen.
Tier- und Artenschutz bilden Synergien
Heute hält er 36 Esel und beweidet damit eine Fläche von 60 Hektaren, wobei die Grösse der Weiden zwischen einem und vierzehn Hektaren variiert. Zwei Ziele stehen bei der Biotoppflege im Vordergrund, nämlich, die Artenvielfalt der Flora und Fauna zu fördern und den Eseln einen Lebensraum zu bieten, der ihren Bedürfnissen gerecht wird. «Heraus aus Stall und Paddock». Tier- und Naturschutz sollen sich synergetisch fördern. Als Beispiele für die Floraförderung nennt Reifenrath das Aufkommen von Pflanzen wie das Rote Waldvögelein, das Frühlings-Adonisröschen oder die Gemeine Küchenschelle. Vor allem sind dies aber auch spezielle Arten der Kalksande, wie Sand-Radmelde, Sand-Lotwurz und Sand-Silberscharte. Esel meiden diese, aber beknabbern Hecken wie Brombeeren, Schlehen oder Weissdornarten. «Esel benötigen in ihrem Speiseplan unbedingt Gehölze», hat Reifenrath beobachtet. Sie wirken damit der Verbuschung entgegen. Der Aufwuchs von Kiefern, die im Sandgebiet um Mainz heimisch sind und den Kiefern-Steppenwald prägen, gehört nicht zu ihrem Speiseplan. Indem sie scharren, ausbuddeln, spielen und sich wälzen, schaffen sie neuen Lebensraum für eine vielfältige Flora und Fauna. Mit ihren schmalen Hufen schonen sie die Fauna, zum Beispiel Blindschleichen, die beim Maschineneinsatz verletzt würden.
Esel brauchen einen Unterstand
«Die Eselhaltung muss artgerecht sein», betont der Tierfreund. Die Tiere brauchen einen Unterstand, genügend Fläche und sandige Böden, um sich zu wälzen. Ganz wichtig ist dem Tierfreund, dass beim Bilden von Gruppen die Freundschaften unter den Tieren berücksichtigt werden. Auch eine Hengsthaltung sei möglich, aber die Hengste dürfen nicht zusammen mit oder in der Nähe von Stuten gehalten werden. «Aber auch nicht in Einzelhaft», betont Reifenrath. Esel erkennen für sie giftige Pflanzen besser als viele Pferde und sie vertragen einige für Pferde giftige Pflanzenarten, zum Beispiel Liguster. In artenreichen Weideflächen finden die Esel auch eine gute natürliche Apotheke. Keinesfalls darf man Esel auf Mähwiesen halten. Das Gras ist zu nährstoffreich und macht sie krank.
Interesse und Verständnis für Esel wecken
Im Biotop sind die Esel mit einem etwa hüfthohen Zwei-Litzenzaun eingezäunt. Die Esel in den Biotopen sind zwar ganzjährig draussen, aber sie sollen nicht verwildern. «Wir achten darauf, dass jedes Tier mindestens einmal am Tag aufgesucht wird.» Nicht zuletzt wecke die Biotoppflege das Interesse der Bevölkerung für die Tiere und deren Bedürfnisse und ist damit aktiver Tierschutz. Weitere Nebeneffekte der Biotoppflege mit Eseln liegen in der sinnvollen Nutzung der Tiere und nicht zuletzt auch im Erhalt der Eselrassen. Die Idee, Tiere zur Pflege von Biotopen einzusetzen, ist auch in der Schweiz nicht neu. So werden zur Pflege von Feuchtgebieten Schweine oder Wasserbüffel verwendet oder Ziegen, um der Verwaldung von Alpen entgegenzuwirken. Ausgesprochen trockene und sandige Biotope wie in Rheinhessen, deren Pflege durch Esel ideal ist, dürfte es in der Schweiz eher weniger geben. Doch sie könnten sich gut für die Beweidung von trockenen Magerwiesen eignen und möglicherweise auch gegen die Verbuschung und Vergandung von Alpweiden.
Auf dem Bild: Esel lieben magere, kräuterreiche Weiden, wie es sie in Biotopen und Naturschutz-Gebieten gibt. (zVg René Reifenrath)