Als ich 11 war, bin ich zusammen mit Inga und Linda einfach in die Wiese geklettert, auf der Marco als kleiner wilder Hengst stand. Er war grade ein halbes Jahr alt und frisch von seiner Mama getrennt. Von Traurigkeit keine Spur. Der Schalk sass ihm im Nacken, denn man konnte mit dem gleichaltrigen Pferdekumpel auf der riesigen Hengstwiese so unfassbar viel Quatsch machen. Das Klettern in die Wiese war deshalb für uns auch nicht erlaubt. Wir sind trotzdem reingeklettert. Und was hat der fünf Minuten vorher noch hart um seinen Rang kämpfende Marco gemacht? Er kam interessiert zu uns und hat mit uns geschmust.
Als Marco dann von der Hengstwiese kam und im Stall einzog, verging kein Tag mehr, an dem man beim Betreten des Stalls nicht mit einem „Brubbeln“ von ihm begrüsst wurde.
Als gekörter Hengst hätte er mit den vielen Stuten um sich herum, verrückt spielen können. Aber Marco blieb gelassen und wir kleinen Mädels konnten ihn putzen und betüddeln, wie wir uns das gewünscht hatten. Niemand musste dabei sein oder aufpassen. Selbst das Einfahren war nicht wirklich eine schwierige Sache und als er dann Kutschpferd war, durfte ich mit ihm auf die tollsten Veranstaltungen und Turniere gehen. Er hat mich (zusammen mit seiner Dona) zu Siegen und Platzierungen gezogen und hat es dabei bis hin zum Kaltblutweltmeister geschafft und das alles ganz unaufgeregt. Ich werde den Tag niemals vergessen, an dem das ganze Stadion „gegrölt“ hat, weil wir dank Marcos Power so einen Speed drauf hatten, dass wir fast durch die Hindernisse geflogen sind. Marco war dabei wie immer gelassen und vor allem war auf ihn in jeder Sekunde verlass. Er wusste einfach immer, was zu tun war, hat bei Turnieren die Hindernisse von allein angepeilt und ist in der Dressur ruhig und sicher gelaufen. Im riesigen französischen Fahrerlager mit Marco ohne Sattel und Trense zur Toilette reiten? Kein Problem. Mit Dona im Hochsommer die Hufe im Fluss abkühlen. Ja bitte! Mit Sarah auf dem Rücken im Vollspeed übers Stoppelfeld rasen, dabei in ein Hasenloch treten und den Rest des Feldes über den Boden schliddern? Aufstehen, Mähne säubern und weiter geht‘s. Sankt Martin zum Feuer tragen mit der Blaskapelle hinten dran? Nichts leichter als das. Beim CHIO in Aachen mit Farbe bemalt werden und bei einem riesen Spektakel mit jubelndem Publikum und zig Pferden um sich herum über den „heiligen“ Rasen geführt werden? Interessant, was man da alles sehen kann. Als Rentnerpferd kleine Mädels durch den Wald tragen? Was gibt es besseres. Karnevalsumzug und Ausfahrten in Kolonne fahren? Das dann lieber nicht.
Auf ihn war einfach immer zu 100% Verlass und gleichzeitig hat er uns mit genau der selben Unaufgeregtheit, mit der er alles mit uns gemacht hat, gezeigt, wo seine Grenzen sind. Er hat unzähligen Fahrschüler:innen mit seiner Geduld das Kutsche fahren beigebracht. Und ich denke, es spricht für sich, dass alle am liebsten und immer mit ihm fahren wollten. Generell war er immer der Liebling von allen. Nicht nur weil er aussah wie ein Barbiepferd, sondern weil er so ein unfassbar liebes und herzensgutes Pferd war. Vor ein paar Jahren musste er mal für 14 Tage in die Pferdeklinik. Als wir ihn besuchten, stand Marco vor uns, mit einer Mähne, die aussah als hätte man ihm Lockenwickler eingedreht. Auch in der Klinik hatte er die Herzen von allen sofort erobert und wurde von den Stallmädels dort mit Zöpfchen flechten und Putzmassagen verwöhnt. Sowas hat er immer gerne gehabt. Generell war schmusen, egal ob stehend oder liegend voll sein Ding und Leckerlies.
Am Samstag hab ich noch erzählt, wie sehr er ausgeflippt ist, als er nach 14 Tagen Pferdeklinik seine Dona wiedergesehen hat und dass ich so eine Wiedersehensfreude selten gesehen habe. Am genau diesem Samstag musste er dann plötzlich wieder in die Klinik und ist dort für immer gegangen. Ganz unverhofft und leise.
Was bleibt jetzt übrig nach einem Pferdeleben?
Mein lieber Marco, ich danke dir für all die tollen Momente, die ich mit und dank dir erleben durfte und von denen ich nur einen kleinen Teil hier wiedergeben kann. Danke für 23 Jahre in denen du mir gezeigt hast, was Verantwortung und Respekt füreinander bedeuten, egal ob gegenüber Mensch oder Tier. 23 Jahre, in denen du mich und alle um dich herum, in egal welcher Situation, mit deiner Stärke und Gelassenheit weiter gezogen hast. Du bist und bleibst ein ganz besonderes Pferd, eine ganz besondere Seele! ❤️
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