Ein aktueller politischer Vorstoss möchte, dass der Sachkundenachweis (SKN) bereits für private Equidenhalter mit nur einem Tier obligatorisch wird. Seit 2008 ist er für private Equidenhalter mit mehr als fünf Tieren Pflicht. Die Motion wirft jedoch Fragen auf.
“Sachkundenachweis ist Ehrensache!”
… steht auf den Flyern und Websites zu Kursangeboten für den Sachkundenachweis Pferdehaltung SKN. Nationalrätin Meret Schneider der grünen Partei möchte, dass aus der Ehrensache Pflicht wird. In einer Motion beauftragt sie den Bundesrat, “Artikel 31 Absatz 4 litera b der Tierschutzverordnung dahingehend anzupassen, dass Equidenhaltende schon ab der Haltung eines Tieres der Equidenfamilie einen Sachkundenachweis absolvieren müssen.” Und in ihrer Begründung erklärt sie:
“Die Abhängigkeit der Ausbildungspflicht von der Anzahl gehaltener Equiden ist unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung von Artikel 198 TSchV – nämlich dem Vermitteln von Grundkenntnissen oder praktischen Fähigkeiten für eine tiergerechte Haltung und einen schonenden Umgang – aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Insbesondere auch, dass die Saugfohlen nicht zum Bestand mitgezählt werden. Vor dem Hintergrund, dass die Tierschutzgesetzgebung auf dem Prinzip des Individualtierschutzes basiert, ist nicht ersichtlich, weshalb die notwendigen Grundkenntnisse oder praktischen Fähigkeiten nicht bereits ab der Haltung eines Einzeltieres und auch für die Haltung von Saugfohlen gefordert werden.”
Tierschutzrechtlich Einzelhaltung unmöglich
Will man nun aber Paragraphen reiten, wie man so schön sagt, wenn jemand in allzu kleinlicher Weise auf der Einhaltung von Paragrafen und sonstigen Vorschriften besteht, dann ist ihr Anliegen aus tierschutzrechtlicher Sicht unsinnig, denn die Haltung von einzelnen Equiden ist – zu Recht – nicht erlaubt. Und wenn wir schon beim Wort “Recht” sind: Als Equidenhalter gilt rechtlich derjenige, der das Tier hält, unabhängig von den Besitzverhältnissen. In den meisten Fällen, in denen jemand nur ein einziges Pferd, einen Esel oder ein Muli besitzt, also der Pensionsstallbetreiber. Und Betreiber von Pensionsställen brauchen wiederum den eidgenössischen Fachausweis Spezialisten der Pferdebranche.
Unwissen zur Rechtslage?
Nun stellt sich also die Frage, ob Meret Schneider nicht weiss, dass Equiden nicht einzeln gehalten werden dürfen, oder ob sie nicht weiss, wer aus rechtlicher Sicht als Equidenhalter gilt. Im ersten Fall würde sie davon ausgehen, dass viele private Equidenhalter, die nur ein Tier besitzen, ihren für mindestens zwei Equiden ausgelegten Stall in privater Stallgemeinschaft führen. Im zweiten Fall dürfte sie die Equidenbesitzer gemeint haben, nicht die Halter.
Ehrensache oder Pflicht?
Der Sachkundenachweis ist schnell erlangt. An zwei halben oder einem ganzen Tag erfährt man die Grundlagen zur:
- Ethologie des Pferdes
- Anatomie des Pferdes
- Haltung des Pferdes
- Betreuung des Pferdes
- Pferdefütterung
- Tierschutzgesetzgebung
Prinzipiell ist also ein solcher SKN so oder so für alle sinnvoll, die vor dem Kauf ihres ersten Pferdes stehen oder ihr Pferd aus der Pensionsstallhaltung holen und in welcher Form auch immer zukünftig selber halten möchten. Sollte er jedoch Pflicht werden, wäre es sinnvoll, andere Ausbildungen respektive Erfahrungen anzurechnen, wie dies beim Sachkundenachweis für Hundehalter (hier stimmt der Terminus rechtlich) der Fall war. Hat jemand schon eine Grundausbildung, ein Brevet oder gar eine Lizenz, sollte er oder sie den SKN automatisch erhalten. Für die AnfängerInnen wiederum könnte die Ergänzung um einen praktischen Teil sinnvoll sein. Denn wie beim SKN für Hundehalter bringt allein die Theorie nicht viel. Auch wenn der Transport von Equiden zu einem Prüfungsplatz um einiges komplizierter ist als der Transport eines Hundes. Ebenfalls müsste man sich überlegen, ob die theoretischen Inhalte ergänzt werden müssten. Beim SKN für Hundehalter erfuhren die Kursbesucher auch viel über Begegnungen im Naherholungsraum mit anderen Natur-Nutzern, Verhalten im Strassenverkehr sowie Wundversorgung und Erste Hilfe.
Nicht eins zu eins übertragbar
Der Vorstoss von Meret Schneider zeigt also vor allem eines: Die Idee eines obligatorischen Sachkundenachweises lässt sich nicht 1:1 von Hunden auf Equiden übertragen. Schon gar nicht wortwörtlich. Hundehalter und Equidenhalter haben rechtlich eine andere Bedeutung und die Inhalte des bestehenden Equiden-SKN unterscheiden sich massgeblich von denen des SKN für Hunde. Offen lässt der Vorstoss jedoch, ob der Equiden-SKN, wenn er denn obligatorisch würde, nicht wie der Hunde-SKN nach ein paar Jahren wieder abgeschafft würde. Ob man sich nicht besser die ganze Übung gleich schenken will? Was ist Ihre Meinung dazu?
Daniela A. Caviglia, Chefredaktorin Kavallo
Weiterführende Links
SKN Pferdehaltende bei Agroscope
Flyer Inhalte und Ansprechpersonen SKN (PDF)