Nicht jede Faszination archaischer Reiterei beruht auf geschichtlichen Erkenntnissen. Manche lassen sich auch von Fantasie anregen – oder besser gesagt «Fantasy», ein Genre, das seit den Verfilmungen der Bücher «Herr der Ringe» und «Game of Throns» viele Anhänger gewonnen hat. Fantasy-Shootings drücken diese Faszination aus. Ein Einblick in das Shooting unseres Titelbilds.
Von Daniela A. Caviglia
Nicht viele ihrer Kunden fragen Fotografin Sandra Stutz nach einem Krieger-Shooting. Die meisten möchten natürliche Bilder zusammen mit ihrem Pferd. Dennoch wird es häufig genug gebucht, dass sich für Sandra Stutz der Erwerb des Equipements gelohnt hat. Sattelzeug und Zaum, welches das Shire Horse auf dem Titelbild trägt, gehören ihr. Beides hat sie sich bei der Lederwerkstatt «The War Horse» machen lassen und kann damit alle Themenshootings in den Bereichen «Mittelalter» und «Fantasy» abdecken. «Ich frage im Vorfeld immer, welcher Stil die Bilder haben sollen. Eher in Richtung ‹Aschenbrödel› oder lieber ‹Nebelreiter› in ‹Herr der Ringe›», so Sandra Stutz. Einige Kostüme besitzt sie selber, von Freunden leiht sie sich gern einmal ein Schwert oder einen Bogen aus. Mittlerweile hat sie sich ein Netzwerk an Kontakten für Requisiten aufgebaut.
Idee der Pferdebesitzerin Ramona Fischer
Das Pferd der «Kriegerin» hingegen ist nicht ihres, auch wenn Sandra Stutz selber Shire Horses (Primeli, Wallach, 11, und Joshua, gekörter Hengst, 3) besitzt. Der sechsjährige Shire-Wallach «Sir Maverick» gehört Ramona Fischer aus der Region Sempach. Ihr gefällt die imposante Macht dieser Pferderasse und da Shires früher als Kriegspferde im Einsatz waren, wollte sie mit einem Fotoprojekt diese arachische Kraft festhalten. Schon früh hatte sie eine klare Vorstellung, wie das Endprodukt aussehen sollte, und wusste, dass nur ein zierliches Model die Kraft ihres Pferdes optimal unterstreicht.
«Das hat mich zu meiner guten Stallkollegin Nicole Sommerhalder gebracht. Sie war glücklicherweise sofort Feuer und Flamme für mein Projekt», so Ramona Fischer. Ein solch spezielles Shooting setze voraus, dass das Model pferdeerfahren ist. Um sich aneinander zu gewöhnen, sind Nicole Sommerhalder und «Mavi» vor dem Shooting einige Male zusammen im Gelände gewesen. Eine gute Beziehung zwischen den zwei- und vierbeinigen Models ist auch für Sandra Stutz wichtig: «Das Model muss pferdeerfahren sein, schliesslich wirkt das Bild nicht überzeugend, wenn die starke Kriegerprinzessin sichtlich Angst vor dem grossen Shire hat.»
Kriegsbemalung und Kostümierung
Ein Kriegershooting ohne Kriegsbemalung? Für Ramona Fischer undenkbar. «An dieser Stelle kommt meine gute Freundin Amanda Eggenschwiler ins Spiel. Sie hat in Zürich die Ausbildung zum Make-up Artist an der Beauty&Style Academy absolviert. Neben Braut- und Theater-Make-up begleitet sie mich oft an Shootings und ist immer für kreative Projekte offen», erklärt Ramona Fischer die Wahl der Visagistin. «Nun sind wir also schon zu viert gewesen. Das Model Nicole, die Visagistin Amanda, Nicoles Partner Tobias und ich an der Kamera.» Einen ganzen Samstag hätten sie anschliessend für die Auswahl der Kostüme aufgewendet. «Jeder hat seinen Kleiderschrank zu Hause geplündert und alles in den Stall zur Anprobe gebracht. Es haben sich vier Outfits herauskristallisiert.» Schliesslich hat Ramona Fischer noch Sandra Stutz eingeladen, die sofort zusagte, und so musste nur noch ein Datum inkl. Reservetermin für die kleine Truppe gefunden werden. Schon vor dem Shooting hat Ramona Fischer die idealen Plätze im Wald und auf den Feldern gesucht und sich mit dem Landbesitzer abgesprochen. Das eigentliche Shooting begann mit zwei Stunden Vorbereitungen im Stall, bevor in mehreren Stunden, vielen Schritten und etlichen Fotos die verschiedenen Motive eingefangen wurden. Wegen dem Licht wurden zuerst die Wald-Motive und im Verlauf des Nachmittags die Feld-Motive fotografiert.
Nach dem Shooting ist vor dem Shooting
Beim anschliessenden Znacht in der Stallgasse schmiedete die Gruppe bereits Pläne fürs nächste Projekt. Auch wenn sie dazu noch keine Details verraten möchten, so lässt Ramona Fischer doch durchblicken, dass es schon lange ihr Traum sei, ein Halloween-Shooting der besonderen Art durchzuführen. Sandra Stutz hingegen würde gerne mal ein Wald-Shooting mit einer Violinenspielerin in Konzertmontur zusammen mit ihrem Shire machen: «Wie beim Shooting vor einiger Zeit zusammen mit einer Ballerina mag ich den Kontrast von stark und zart extrem gern.» Vermutlich werden wir also bald in den Facebook-Profilen von Sandra Stutz und Ramona Fischer wieder neue Bilder zu sehen kriegen.
Drei Fragen an das Model Nicole Sommerhalder
Wie hast Du Dich während dem Shooting gefühlt?
Während Amanda Eggerschwiler das Make-up machte, ging mir einiges durch den Kopf. Ich habe immer wieder überlegt, ob ich wirklich die Erwartungen der Fotografinnen erfüllen könnte. Schliesslich war es mein erstes Shooting dieser Art. Aber die Stimmung war so gut. Es passte einfach alles. Alle waren gut gelaunt. Während des Schminkens haben Valentina Nussbaum und Ramona Fischer das Pferd geputzt und gesattelt. Maverick (das Pferd von Ramona Fischer) hat richtig toll mitgemacht. Es war der perfekte Tag für das Shooting.
Welche Gefühle haben die Bilder bei Dir ausgelöst, als Du sie das erste Mal gesehen hast?
Die Bilder waren sehr schön. Ich war überrascht, wie gut diese wurden. Es ist ein schönes Gefühl, solche Bilder von sich zu haben. Das Pferd und das Kostüm passten einfach super!
Was machst Du, welche Pferde hast/reitest Du?
Ich habe mir vor zweieinhalb Jahren meinen Traum vom eigenen Pferd erfüllt. In meiner Freizeit bin ich oft im Stall anzutreffen. Mit meinem Freund Tobias, meinem Hund Bicolo und Pferd Fury bin ich viel draussen unterwegs.