«Die Perspektiven für den vermehrten Einsatz von Arbeitspferden sind gut», meinen verschiedene Vertreter dieser Nischenbranche. Ihre positiven Aussichten holen sie nicht bloss in der täglichen Arbeit mit Pferden, sondern auch im steigenden Umweltbewusstsein der Gesellschaft und in der zunehmenden Kritik an der lückenhaften und inkonsequenten Umsetzung der Agrarpolitik.
Text und Fotos Werner Schönenberger
«Die Lobby für den Pferdeinsatz in der Landwirtschaft fehlt uns leider. Immer wieder wird in der Presse die Arbeit mit Pferden als nostalgisch und unwirtschaftlich dargestellt», bedauert der Unterengadiner Gian Denoth. «Heute bestehen aber durchaus Chancen, mit ihnen wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten und dabei Ressourcen und Böden zu schonen», erklärt er mit Überzeugung. Er betont auch immer wieder, dass das Pferd im Wald auf kurze Distanzen den Maschinen überlegen sei.
Holzrücker leben eine Nischenpolitik
«Im Engadin gibt‘s nur noch drei Männer, die das Holrücken beherrschen. Im restlichen Bündnerland scheint unser Handwerk auszusterben», bedauert Denoth. Schon immer hat er sich bei den Förstern im Unterengadin für den Einsatz von Pferden eingesetzt und seine Leistung im Wettbewerb mit modernen Forstmaschinen bewiesen. Zusammen mit Beni Marty und Martin Bischoff stellt Denoth inzwischen ein starkes und leistungsfähiges Team. Alle Holzrücker haben neben der Waldarbeit noch andere Standbeine als Landwirte oder Zimmermänner. Dies gibt ihnen das ganze Jahr hindurch ein solides Fundament für eigenständige Arbeiten auf dem freien Markt. Ihre Vielseitigkeit spiegelt sich auch bei ihren Pferden. Sie arbeiten mit Kaltblutpferden wie Freibergern, Norikern, Ardennern und Percherons. So haben sie für jede Arbeit und jeden Einsatz auch das richtige Pferd. So sind sie auch im freien Wettbewerb mit Seilbahn- oder Helikoptertransporten und modernen Forstmaschinen besser positioniert. Gemeinsam schaffen sie es jeden Winter wieder, im Gebiet zwischen Samnaun bis S-Chanf 2000 bis 3000 Kubikmeter Holz an die Sammelplätze zu rücken. Für alle Beteiligten bleibt so die Waldarbeit mit Pferden trotz tiefen Preisen ein wichtiger Erwerbszweig. Für sie zählt nicht bloss der nüchterne Profit sondern auch die persönliche Zufriedenheit und Gesundheit:
«Das Arbeitstempo mit den Pferden ist konstanter, doch die Ermüdung in der Regel grösser, als wenn ich mit Maschinen arbeite», betont Denoth. «Auch komme ich bei der Arbeit mit Pferden nie in Stresssituationen, denn das Pferd bestimmt mir den Takt, und das ist gut so», ergänzt er. «Zudem schlafe ich mit meinen bescheidenen Investitionen ruhiger, wie wenn ich die hohen Investitionen der modernen Land- und Forstwirtschaft tragen müsste.» Denoth fühlt sich auch nicht von der Kultur des Wegschauens betroffen, mit der die Schweizer Landwirtschaft immer mehr konfrontiert sei. Seine Arbeit bereitet ihm kein schlechtes Gewissen, denn sie stösst auf Sympathien, sei bodenschonend und ressourceneffizient, begründet er.
Horsepower mit Zukunft
Ernst Rytz, Präsident Interessengemeinschaft Arbeitspferde, ist ein Beispiel eines optimistischen und bewussten Landwirts, der erst kürzlich einen Fuhrmann als Arbeitsentlastung angestellt hat. «Früher wurden wir Biobauern noch belächelt, doch im Rahmen umweltbewusster Veränderungen fühle ich mich immer mehr akzeptiert, ja vielleicht sogar respektiert», meint er. «Wer die Arbeit mit Pferden kennt, möchte nie mehr in den Strudel der ertragsgetriebenen Agrarwirtschaft wechseln». Er ist auch überzeugt, dass die Bilanz des Pferdes im landwirtschaftlichen Einsatz gegenüber motorisierten Lösungen bei ganzheitlicher und nachhaltiger Betrachtung schnell positiv sei. Seine Prognosen betreffend Klimaerwärmung und Umweltveränderungen sind leider sehr düster. Umso mehr glaubt er, dass das Potential der Arbeitspferde langfristig wieder reanimiert werden kann.
Vermehrtes und jüngeres Interesse
Ernst Rytz ist stolz, in der IG Arbeitspferde einen steten Mitgliederzuwachs verzeichnen zu dürfen. «Zudem werden unsere Mitglieder immer jünger», betont er. «Leider hemmt der regulierte Wettbewerb mit Subventionen und Direktzahlungen in der Landwirtschaft die Entwicklung von Einsatzalternativen. Dies werte ich aber gleichzeitig als Chance für das Pferd», erklärt er. Laut seiner Überzeugung sind sich nur wenige Leute bewusst, dass mit jedem Pferd auf den ökologischen Ausgleichsflächen ein Ertrag erwirtschaftet werden kann.
Ernst Rytz spürt in der Schweiz ein leicht zunehmendes Interesse an der Arbeit mit Pferden. «Jährlich bilden wir etwa 50 Personen an Kursen weiter», berichtet er. Auch Anja Schmutz, Leiterin vom Kurs «Schaffe mit Ross» am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg bestätigt diesen Trend. Sie führt das steigende Interesse auf die «grüne Bewegung» in unserer Gesellschaft zurück. Auch in der Westschweiz bestehen Angebote für die Ausbildung im Holzrücken. In den vergangenen Jahren haben die beiden Routiniers Henri Spychiger und André Stähli auf privater Basis über 50 Personen in dieser ökologischen Waldarbeit ausgebildet. Am Ende des laufenden Winters werden auch sie auf sechs erfolgreiche und voll besetzte Kurstage zurückblicken können.
«Schaffe met Ross» Liebegger Kursangebot für Pferdeliebhaber
Wiederum bieten das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg und die IG Arbeitspferde gemeinsam einen Kurs für Pferdeliebhaber an. Vom 14. bis 17. April 2020 können während vier Tagen Holz Rücken, Transporte, Futter- und Ackerbauarbeiten mit dem Pferd und Zubehör praktisch erlernt werden. An den Abenden gibts Theorie zur Haltung und zur Fütterung von Arbeitspferden, Filme und gemütliches Beisammensein. Es ist möglich, auch nur einzelne Tage zu besuchen. Anmeldeschluss ist der 1. März 2020, 062 855 86 15, oder www.liebegg.ch/weiterbildung. Weitere Informationen bei Ernst Rytz, Präsident IG Arbeitspferde, unter 079 522 34 84 me.rytz@teleport.ch oder bei Anja Schmutz, Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg, 062 855 86 80.
Veranstaltungen des Vereins Freunde Schwerer Zugpferde Schweiz FSZ
März/April 2020
Holzrücken im Wald
März 2020
Fuhrmannsstammtisch bei Fredi Hess, Langnau b. Reiden
Frühling 2020
Pflügen in Baldegg evtl. beim Biohof Laas
18./19. April 2020
Naturtrail/Holzrücken, Oberstammheim zusammen mit dem RV Stammheimertal
Ausschreibung, Anmeldeschluss ist der 20. März 2020
24. April – 3. Mai 2020
BEA/Pferd, Bern
Sonntag, 3. Mai 2020
Holzrücketurnier an der BEA
Ausschreibung, Anmeldeschluss ist der 15. Februar 2020
Frühling/Sommer 2020
Schnupperkurse Holzrücken, Tägerig, evtl. Berner Oberland
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Danke für diesen ausgezeichneten Artikel zur vielseitigen Arbeit mit Pferden, der die einseitigen Vorstellungen von selbsternannten Tierschützerinnen zum Glück wieder ausbalancieren hilft, die uns suggerieren wollen, Arbeits- und Kavalleriepferde seien selbstredend ‘geschundene’ Pferde, wogegen die vielen verfetteten, unterbewegten, sich im Schritt über gelbe und blaue Würste am Boden schleppenden und oft frühzeitig an Senkrücken, Langeweile und erfundenen Krankheiten eingehenden Freizeitpferde natürlich das Glücksziel hippischer Evolution darstellen. – Wir freuen uns auf weitere Berichte über Arbeitspferde, Militärpferde und Sportpferde, für die ein Schweisstropfen kein Grund ist, Sozialhilfe zu beantragen.
Redaktion Kavallo
Danke für die Blumen, Christoph. Weitere Inhalte zu für ihr Futter arbeitende Pferde sind geplant 🙂
Ich wünsche Dir frohe Ostern!
Liebe Grüsse, Daniela
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