Reiter und Biker im Wald – Konflikte vermeiden

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Wenn Reiter und Biker im Wald aufeinandertreffen, kommt es nicht selten zu unschönen Situationen. Müsste nicht sein, fand Jana Hess, die das konfliktträchtige Thema für ihre Maturarbeit wählte und mit ihren Ergebnissen schon einiges bewirken konnte. Der Artikel zur Maturaarbeit erschien im Juni 2018 und wurde für eine erneute Online-Veröffentlichung im Januar 2020 sanft überarbeitet.

Enge Platzverhältnisse bei schönem Wetter

Die aktuell frühlinghaften Temperaturen animieren zu langen Ausritten. Doch nicht selten kommt es zu unschönen Begegnungen zwischen Reitern und Bikern oder Joggern, die oft auf denselben Wegen unterwegs sind. «Die Reiter brauchen zu viel Platz auf den Wegen», tönt es bei den einen. «Die Biker fahren viel zu schnell an einem vorbei!» oder «Die Jogger kündigen sich nicht an und tauchen aus dem Nichts einfach auf!», beklagen sich die Reiter. Das sind einige wenige Beispiele von Vorwürfen, die man sich gegenseitig an die Köpfe wirft.

Zwischen den sich zuspitzenden Fronten und dem wachsenden Unverständnis füreinander auf beiden Seiten befand sich auch die 18-jährige Jana Hess aus dem Kanton Zürich. Ursprünglich wollte die Maturandin in ihrer Arbeit die Kommunikation zwischen Pferden und Menschen untersuchen. In Anbetracht der Reiter-Biker-Situation wechselte sie dann das Thema und widmete sich dem Verhalten verschiedener Pferde bei unterschiedlichen Begegnungen mit Bikern.

Pferde reagieren nicht auf Kleiderfarben

Seit einiger Zeit liegt neonfarbene Kleidung bei Joggern im Trend. Während einem Gespräch mit ihrer Reitlehrerin kam Jana Hess die Idee, das Verhalten von Pferden während Begegnungen mit verschieden gekleideten Joggern zu untersuchen. Die ersten Versuche im Sommer 2017 führten allerdings zu keinen Ergebnissen. Die Pferde zeigten keine unterschiedliche Reaktionen, unabhängig davon, wie die Jogger gekleidet waren. Da sie selbst gelegentlich auch mit dem Bike unterwegs ist, begann sie zu erforschen, wie aber die Reaktionen von Pferden ausfallen, wenn sich Velofahrer auf unterschiedliche Weise dem Reiter und dem Pferd ankündigen. Denn das Hauptproblem für die meisten Konflikte liegt aus ihrer Sicht in der Unsicherheit vor solchen Begegnungen. Wie sollen sich Biker oder auch Jogger bei Reitern bemerkbar machen?

Rechtzeitiges Klingeln reduziert Stress

Für die Vergleiche standen ihr drei von ihrer Reitlehrerin und Stallbesitzerin ausgesuchte Pferde zur Verfügung. Alle Pferde waren sich in der Rasse, in der Grösse und dem Alter ähnlich, damit die Ergebnisse auch gut vergleichbar sind und nicht durch unterschiedliche Voraussetzungen verzerrt ausgelegt werden können. Das Hauptkriterium lag darin, drei wache und aufmerksame Pferde zu finden, die während den Versuchen bei der Sache sind. Wichtig war, für jedes Pferd die gleiche Bedingung zu schaffen. Aus diesem Grund fanden die Experimente auf dem Aussenreitplatz statt. Jedes Pferd sollte sich auf den Versuch konzentrieren können und nicht von einer unvertrauten Umgebung abgelenkt werden. Für die Tests wurde die Situation einer Begegnung im Wald nachgestellt. Eine Reiterin ritt mit jedem Pferd auf einer geraden Linie, während ein Biker an ihr vorbeifuhr. Die Versuche zeigten eindeutig, dass jedes der Pferde gelassener auf die Begegnung reagierte, wenn sich der Biker vor der Begegnung bemerkbar machte.

Während den Versuchen wurde Jana Hess von ihrer Reitlehrerin gecoacht, da diese die Pferde gut kannte und damit sichergestellt war, dass die Situationen überschaubar und ungefährlich blieben. Die Pferde wurden von einer Reiterin geritten oder aus Sicherheitsgründen geführt und die Situationen wurden von Hess gefilmt und mit Hilfe einer Fachperson der Fachhochschule Bern mittels eines Ethogramms ausgewertet. Um ein Ethogramm zu erstellen, wurden für die Reaktionen der Pferde bei den Begegnungen mit und ohne Klingeln Punkte vergeben. Die Differenz der Punkte zeigt die Stärke der Reaktion an, wobei deutlich erkennbar ist, dass bei der Ankündigung mittels Klingeln die Pferde weniger Stress zeigen.

Schilder könnten helfen

Die Ergebnisse von Hess’ Versuchen sind eindeutig. In der Schweiz trifft man jedoch einzig im Kanton Tessin auf Warnschilder, die die Waldbenutzer auf ein mögliches Aufeinandertreffen zwischen Reitern und Bikern aufmerksam machen. Auf Anfrage von Hess beim Kanton Tessin wurden dazu keine statistischen Untersuchungen gemacht, Konflikte aber wurden festgestellt. Mit den Schildern soll Unsicherheit genommen und auf die mögliche Begegnung aufmerksam gemacht werden.

Jana Hess ist nun dabei, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu verbreiten. Zufrieden ist sie, dass sich ihre Hypothese, Pferde erschrecken weniger, wenn sich Biker ankündigen, bestätigt hat. Doch dies reicht ihr nicht aus. Ihr Ziel ist es, dass auch in den anderen Regionen der Schweiz Unternehmungen angestellt werden, damit es künftig zu keinen Auseinandersetzungen oder gar gefährlichen Situationen im Wald mehr kommen muss. Das Wichtigste für sie ist, dass sich jeder über sein Verhalten und dessen Auswirkung bewusst ist. Schon allein das Einsetzen des gesunden Menschenverstandes hilft, den Wald zu einer friedlichen Begegnungszone zu machen.

Mit der Arbeit schon einiges bewegt
Jana Hess veröffentlichte ihre Maturaarbeit 2018. Schon im Alter von neun Jahren war sie pferdebegeistert, begann Reitstunden zu nehmen und verschiedene Reitstile auszuprobieren. Beruflich sieht sie ihre Zukunft im Bereich Wirtschaft. Klar scheint für sie jedoch, dass sie die Reiterei auch in Zukunft als Hobby behalten möchte. Ihre Maturarbeit meisterte sie dank einer strukturierten Planung. «Meine Maturarbeit habe ich vor allem für mich selbst gemacht. Bei Misserfolgen liess ich mich nicht vom Weg abbringen und ich bin stolz, was ich damit schon alles bewegen konnte.»
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