Dass Doping speziell im Pferdesport untolerierbar ist, wurde im ersten Teil (KAVALLO 3/2019) aufgezeigt. Positive Fälle können auch zu schwerem Imageschaden führen. Bei der gegenwärtigen Null-Toleranz-Regelung von verbotenen Substanzen ist allerdings auch Handlungsbedarf angezeigt. Im Zusammenhang mit Doping spricht man von Böswilligkeit, Betrug oder Absicht, die sportliche Leistung zu steigern. Diese Kategorie muss streng sanktioniert werden, es ist ein soziales Übel und hat keinen Platz in irgendeiner Sportdisziplin.
Im Bereich der Medikation finden wir nur Arzneimittel, die in der Pferdemedizin legitim eingesetzt werden. Positive Fälle sind oft die Folge eines schlechten Managements von Absetzfristen. Ein krankes Pferd hat grundsätzlich Anspruch auf eine angemessene Behandlung und darf nicht an einem Sportereignis teilnehmen. Sein Training ist auch zu reduzieren, bis seine physischen und und psychischen Fähigkeiten vollständig wiederhergestellt sind. Die Kenntnisse über diese festgelegten Absetzfristen sind jedoch noch unklar und lassen Raum für viel Interpretation. Diese Unklarheit kann aber für die verantwortliche Person (Reiter, Fahrer und Longenführer) gravierende Folgen haben. An dieser Stelle muss daran erinnert werden, wie wichtig das exakte und gewissenhafte Führen eines Behandlungsjournals bei Pferden ist. Nur damit ist eine korrekte Aufrechterhaltung von Absetzfristen im Hinblick auf die Teilnahme an Wettkämpfen gewährleistet, insbesondere, wenn sich mehrere Pferde in einem grossen Stall befinden.
Bei Kontamination sprechen wir von einer sehr geringen Konzentration von verbotenen Substanzen, die keine Wirkung mehr haben. Trotzdem wird die Teilnahme an Sportveranstaltungen sanktioniert. Oft ist die Herkunft dieser Verunreinigungen unbekannt oder unklar und es ist äusserst schwierig, ihren Ursprung zu ermitteln. Die Nachforschung ist sehr kostspielig und bringt im Wesentlichen nichts in die derzeitige Gesetzgebung der FEI ein, sofern der blosse Nachweis einer Kontamination zur Disqualifikation führt.
Zwischen diesen drei Kategorien sollte sorgfältiger unterschieden werden: Kategorisierung, Gewichtung und schliesslich das Ausmass der anzuwendenden Sanktionen. Insbesondere in der Kategorie Kontamination sollte die FEI die Interessen abwägen und ihre Bestimmungen sorgfältig und schnellstens überarbeiten, um den Ruf des Pferdesports nicht unnötig zu «beschmutzen».
Futter als häufige Ursache
Es ist erwähnenswert, dass es häufig zu einer Kontamination durch Futtermittelzusätze kommt, deren Etiketten nicht immer alle darin enthaltenen Komponenten aufzeigen. Die Gesetzgebung ist in diesem Bereich weniger streng als bei der Registrierung eines Arzneimittels. Seriöse Hersteller von Futtermittelzusätzen bringen auf den Etiketten deshalb den Hinweis «dopingfrei» an. Diese Information ist sehr nützlich und sollte Usus sein.
Aufmerksam zu machen sind die spezifischen Medien auch darauf, welche grosse Bedeutung der Unterscheidung zwischen Doping, Medikation und Kontamination) zukommt. Zudem sollte auf diese Unterschiede explizit hingewiesen werden, wenn etwas öffentlich kommuniziert wird.
FEI ist zum Handeln gezwungen
Die FEI muss ihre Regeln deshalb anpassen und mehr agieren anstatt zu reagieren. Sie hat sich praxisnahes Wissen anzueignen und sich bewusst zu sein, was in der Praxis abläuft. Es gibt drei Beispiele, die in Kürze geändert werden könnten.
1. Besteht die Möglichkeit, dass ein Sportpferd ohne Sport-Management erfolgreich sein kann und sich nur mit Wasser, etwas Hafer und Heu füttern lässt? Beide Fragen müssen wir verneinen. Sportpferde sind echte Athleten und müssen professionell betreut werden. Dieser Rahmen muss im Gleichgewicht sein, was tolerierbar und therapeutisch in Übereinstimmung mit dem Wohlergehen des Pferdes sinnvoll ist. Die inhaltliche Überarbeitung dieser Grundvoraussetzung für das Management eines erfolgreichen Sportpferdes muss so schnell wie möglich vorgenommen werden.
2. Die FEI muss sich engagieren, um für mehrere Substanzen eine Nachweisschwelle zu erstellen. Diese Mindestwerte (oder RLOD: Recommended Level Of Detection) sind für Stoffe aus dem ersten Abschnitt (verbotene Substanzen) erforderlich. Der Rennsport geht in diesem Bereich mehr ins -Detail. Die Finanzierung solcher Studien wurde von privaten Geldgebern und Vereinen bereitgestellt. Die FEI muss sich an der Finanzierung bei -aktuellen Forschungsprojekten in -diesem Bereich beteiligen und aktiv mitarbeiten.
3. Bei einem Gerichtsverfahren verlangt die FEI die Stellungnahme der verantwortlichen Person. Oftmals verfügt diese aber weder über das nötige Fachwissen noch über die entsprechenden Mittel, um Auskunft über die Herkunft einer verbotenen Substanz im Körper eines Pferdes zu geben. Die FEI jedoch zieht Experten aus der Wissenschaft hinzu, um die Beweislage darzustellen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die FEI stets dieselben Experten auffordert, auf die Argumente der Verteidigung einzugehen. Damit wird bezweckt, die Verantwortlichen von einer Fortsetzung des Verfahrens abzuschrecken und eine Sanktion akzeptieren zu lassen, ohne dagegen ankämpfen zu wollen. Die Präsenz des FEI-Hauptsitzes auf Schweizer Boden in Lausanne verpflichtet jedoch dazu, die Schweizer Gesetze einzuhalten, was bezüglich Unschuldsvermutung nach unserer Auffassung zu wenig berücksichtigt wird. Die Erfahrung hat zudem mehrfach gezeigt, dass die FEI vielfach nicht über ausreichend qualifizierte Experten verfügt, was nicht nur bedauerlich, sondern auch absolut kontraproduktiv ist.
Von einer Anpassung hängt die Zukunft ab
Tatsache ist, dass sich die Nachweismethoden in den Labors in Zukunft weiter verbessern werden. Schon die kleinsten Entdeckungen sind ein Qualitätsbeweis für die Arbeit jedes Labors … Diese Politik und Entwicklung führt uns aber in eine Sackgasse! Es ist daher Sache der FEI und aller Pferdesportkreise, vertretbare Nachweisschwellen festzulegen. Denn die Glaubwürdigkeit des Pferdesports hängt davon ab.
Leicht einzuführen wären Dopingtests ausserhalb des Wettbewerbs (Out of Competition Testing). Diese Massnahme, die in der Welt des Rennsports bereits weit verbreitet ist, wäre pädagogisch sinnvoll und würde es jeder verantwortlichen Person ermöglichen, den sportlichen Zustandes seines Pferdes (fit to compete) zu erfassen. Dieses Argument wäre auch Teil einer Strategie des verantwortungsvollen Umgangs im Zusammenhang mit dem Wohlbefinden des Sportpferdes.
Die nationalen Pferdesportverbände müssen sich mit der FEI zusammensetzen, um die Annahme einer Verordnung in dieser Angelegenheit zu erreichen. Die Verordnung sollte realistisch und insbesondere an die aktuellen Bedingungen angepasst sein. Leider stehen die heutige Denkweise und Strategie einer Anpassung im Weg. Die Welt des Sportpferdes wartet jedoch auf Veränderungen, weil die Zukunft davon abhängt. Die FEI muss sich selbst befähigen, ihre Strategie zu ändern, weil auch ihre Zukunft davon betroffen sein wird.