Weibliche Bremsen (Diptera; Tabanidae) saugen Blut und können für Pferde zu einer ernst zu nehmenden Plage werden, da ihre Stiche sehr schmerzhaft sind. Bremsen kommen besonders auf Pferde- und Rinderweiden zwischen Juni und August vor. Weibliche Bremsen erkennen ihre Wirte hauptsächlich bildlich, teils auch über den Geruch. Beim Ritt im freien Gelände sind für sie einfarbige Pferde, die bei heissem Wetter schwitzen und daher stärker riechen, ein sehr attraktives Angriffsobjekt. Bremsen suchen zum Blutsaugen besonders gerne folgende Körperpartien auf: Kopf, Hals, Rücken, seitliche Bauchwand, Flanken, Unterbrust und Bauch. Forscher stellten fest, dass vor allem braune und dunkelbraune Pferde sowie Füchse von starkem Bremsenbefall betroffen sind.
Bremsen haben aus seuchenhygienischer Sicht ebenfalls Bedeutung, da sie Überträger der ansteckenden Blutarmut der Einhufer (Equine Infektiöse Anämie, EIA) sind. Equine Infektiöse Anämie ist eine viral bedingte Pferdeseuche mit zahlreichen Ausbrüchen in Europa, die Schweiz ist aber frei von EIA.
Schutz für vier Stunden?
Das Insektenschutzmittel oder Repellent DEET (N, N-diethyl-3-methylbenzamide) gilt beim Menschen seit 60 Jahren als Mittel der Wahl, um Bremsen abzuwehren. Über die Effizienz von DEET beim Pferd sind nur wenige Daten aus den USA der 60er- und 70er- Jahre vorhanden; europäische Studien zur Wirksamkeit von DEET beim Pferd existieren nach Wissen der Autoren bislang keine. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Hochschule für Agrar-, Forst-, und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in einer Untersuchung zum Ziel gesetzt, ein Testverfahren zu etablieren, das die praktischen Verhältnisse widerspiegelt und die Wirksamkeit von DEET gegen Bremsen beim Pferd für eine Wirkdauer von vier Stunden zuverlässig aufzeigt.
Die Hauptversuche wurden auf vier Betrieben im Kanton Bern in einer Höhe zwischen 560 und 1000 m ü.M. und ausschliesslich an sonnigen, warmen, weitgehend windstillen Tagen durchgeführt. Die Auszählungen des Bremsenbefalls fanden in den Monaten Juli und August 2015 an jeweils identischen Lokalisationen (Weide oder Auslauf) der Betriebe statt.
Pro Betrieb standen vier Pferde zur Verfügung; zwei wurden am ersten Tag mit dem Repellent behandelt und am zweiten Tag nicht behandelt (Kontrolle), während die anderen beiden Pferde die Behandlung in umgekehrter Reihenfolge erhielten. Alle Pferde wurden am Tag vor Versuchsbeginn gewaschen, um gleiche Bedingungen zu gewährleisten. Die am ersten Tag mit Repellent behandelten Pferde wurden anschliessend gewaschen, um eine Übertragung des Repellents auszuschliessen.
Zum Schwitzen gebracht
Um die vom Hersteller angegebene Wirkdauer des Repellents von vier Stunden zu überprüfen, wurden die Pferde beider Versuchsgruppen (mit oder ohne Repellent) beginnend um 14 Uhr und in einem zeitlichen Abstand von 25 Min. über diese Zeitdauer getestet. Nach Auftragen des Repellents wurden behandelte wie auch unbehandelte Pferde zunächst je zwei Stunden in die Box gestellt, um sie aus Tierschutzgründen nicht über eine Zeitdauer von vier Stunden der grossen Hitze auszusetzen. Um Bedingungen wie im Alltag zu erhalten, wurden die Pferde vor Dokumentation des Bremsenbefalls mit oder ohne Repellentbehandlung während ca. 10 Min. bis zur Schweissentwicklung longiert.
Die Bremsen wurden auf der jeweils rechten Körperseite der Pferde an jeweils identischen Standorten -direkt von der Forschungsassistentin und dem Pferdehalter gezählt und zusätzlich fotografisch während jeweils 5 Min. dokumentiert.
Die erste direkte Auszählung des Bremsenbefalls und Fotosequenz fand 5 Min. vor Ende der dritten Stunde nach Auftragen des Repellents statt, die zweite 5 Min. vor Ende der vierten Stunde. Für jedes Pferd standen somit Fotosequenzen von 20 Min. Aufnahmezeit (je 10 Min. ohne respektive mit) zur Verfügung.
Am Tag vor Versuchsbeginn, jeweils 19 Uhr, wurde zur Überprüfung des Artenspektrums der Bremsen eine Falle (HORSE PAL® fly trap) in einer freien, sonnigen Position in der Nähe des Versuchsstandortes installiert und bis vor Versuchsbeginn am nächsten Tag über jeweils 20 Stunden betrieben.
Acht Pumphübe pro Pferd
Total wurden zwölf Pferde – je sechs Dunkelbraune und Braune – eingesetzt, zehn Warmblüter und zwei Freiberger. Die vier Wallache und acht Stuten im Alter von 3 bis 20 Jahren waren durchschnittlich 11 Jahre alt. Getestet wurde das Repellent BRUM der Firma Huebeli-Stud Horse Care AG, welches den Wirkstoff N, N-Diethyltoluamid (DEET) in einer 15%- bis 17%-Öl-Wasser-Emulsion enthält.
Der Repellentspray wurde ausschliesslich von der Forschungsmitarbeiterin bei durchschnittlichen Temperaturen von 34°C und einer Luftfeuchtigkeit von 32% auf die Pferde gesprüht, um eine gleichbleibende Technik während der Versuche zu gewährleisten. Insgesamt wurden acht Pumphübe nach Anweisung des Herstellers an folgenden Körperpartien gesprüht: Mähnenkamm, Brust, Hinterbeine, auf die Hand gesprüht und auf jede Halsseite beim Mähnenkamm verteilt, Bauch, auf die Hand gesprüht und auf der Stirn verteilt.
Basierend auf der Berechnung der relativen Reduktion des Bremsenbefalls von drei beziehungsweise vier Stunden nach Behandlung konnte in der Studie der HAFL eine sehr gute Effizienz des Wirkstoffes DEET aufgezeigt werden. Bei der Hälfte der Pferde lag die Wirksamkeit des Repellents bei 100% und selbst mit der erwähnten einzelnen Ausnahme nach vier Stunden lag die festgestellte Zahl Bremsen bei Pferden mit Behandlung tiefer als ohne Behandlung.
Im Gegensatz zur Studie aus den USA in den 70er-Jahren konnte hier eine Wirksamkeit über vier und nicht nur drei Stunden nachgewiesen werden. Zudem hatte die verwendete DEET-Lösung in dieser Studie eine Konzentration von 15% bis 17% in einer Öl-Wasser-Emulsion, hingegen betrug die Konzentration von DEET in der Studie aus den USA 75%. Derart hohe Konzentrationen hatten bei den Pferden zu Hautirritationen geführt.
Nach europäischer Gesetzgebung muss die Wirksamkeit eines Repellents gegen Bremsen bei Pferden u.a. in einem praxisnahen Test nachgewiesen werden, bevor es für den Verkauf zugelassen wird. Das vorliegende Versuchsdesign simulierte die Praxisbedingungen sehr gut.
Das direkte Auszählen der Bremsen durch die Forschungsassistentin und der jeweiligen Pferdehalter in den vorgegebenen Zeitfenstern bewährte sich und war ausschlaggebend für die Dokumentation des Bremsenbefalls. Der Unterschied zwischen behandelten und unbehandelten Pferden war sehr offensichtlich. So konnten die Halter ihre nicht eingesprühten Pferde aufgrund der starken Abwehrbewegungen (z.B. Kopfschlagen, Stampfen mit den Hufen, Schütteln des gesamten Körpers) nicht ruhig halten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass DEET in einer 15%- bis 17%-Öl-Wasser-Emulsion als Schutz gegen Bremsen empfohlen werden kann.
Wirksamkeit des Repellents wird bestätigt
Nach 3 Stunden wurden immer weniger Bremsen bei der Repellentmessung als bei der Kontrollmessung beobachtet (Abb. 1). Eine ähnliche Situation lag bei der Anzahl Bremsen nach 4 Stunden vor (Abb. 2). Nur bei einer Messung wurde nach 4 Stunden ohne Repellent keine Bremse gefunden und mit Repellent eine Bremse. Bei allen anderen Messungen nach 4 Stunden war die beobachtete Anzahl Bremsen mit Repellent kleiner als ohne Repellent. Bei 16 von 32 Messungen wurden mit Repellentwirkung gar keine Bremsen gezählt. Die grafischen Darstellungen in Abb. 1 und 2 verdeutlichen, dass mit Repellent immer niedrigere Bremsenzahlen als ohne Repellent beobachtet wurden, da alle Punkte unterhalb der Diagonalen liegen (mit der einen erwähnten Ausnahme nach 4 Stunden).
Manuela Wenger
Forschungsassistentin des Projekts, hat ihr Studium der Agronomie mit Vertiefung Pferdewissenschaften an der HAFL im Jahr 2013 erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Studium war sie für ein Jahr an verschiedenen grossen Pferdebetrieben und Auktionen in Irland, England (Newmarket) und in den USA (Kentucky) tätig. Nach ihrer Rückkehr konnte sie für die Durchführung der Wirksamkeitsstudie gewonnen werden. Zurzeit arbeitet sie bei der AGRO-Treuhand Region Zürich AG.
BFH-HAFL | Zollikofen
Mit ihrer praxisorientierten Forschung liefert die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Schweizer Pferdebranche viele wertvolle Informationen. Zu den wichtigsten Markenzeichen der HAFL gehört die anwendungsorientierte Ausbildung ihrer Studierenden. Damit die studentischen Forschungsarbeiten den Weg in den praktischen Alltag finden, veröffentlicht Kavallo die Studien der angehenden Agronominnen und Agronomen mit Spezialisierung Pferdewissenschaften, aber auch anderer Vertiefungen, künftig in einer auf den ersten Blick als HAFL-Arbeit erkennbaren Darstellung.