Der Herbst färbt die Bäume golden – doch nicht alles, was glänzt, ist harmlos. Wenn die geflügelten Samen des Ahorns zu Boden segeln, droht auf vielen Pferdeweiden eine unsichtbare Gefahr: die Ahornvergiftung, auch atypische Weidemyopathie genannt.
Sie trifft Pferde plötzlich, oft tödlich, und wird durch das Gift Hypoglycin A aus den Samen des Bergahorns ausgelöst. Erfahren Sie, warum der Herbst das Risiko besonders erhöht, welche Symptome alarmieren sollten – und wie vorgesorgt werden kann.


Wenn die Natur zur Gefahr wird

Die sogenannten „Schraubenflieger“ des Bergahorns (Acer pseudoplatanus) sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern leider auch hochgiftig. Sie enthalten Hypoglycin A (HGA) – eine Substanz, die in der Leber den Fettstoffwechsel blockiert. Folge: Die Muskeln werden nicht mehr mit Energie versorgt und beginnen, sich selbst zu zersetzen. Das dabei freigesetzte Myoglobin färbt den Urin dunkelbraun – ein alarmierendes Zeichen.

Schon 80 gefressene Samen oder 120 Keimlinge pro Tag können laut einer Studie der Universität Lüttich ausreichen, um eine Vergiftung auszulösen. Besonders gefährlich ist der Herbst, wenn die Samen massenhaft auf die Weiden fallen und Pferde bei knappem Futterangebot nach Alternativen suchen.


Symptome: Wenn das Pferd schwach wird

Eine Ahornvergiftung (atypische Weidemyopathie) tritt meist plötzlich auf. Die wichtigsten Anzeichen sind:

  • extreme Müdigkeit und Muskelschwäche,
  • steifer Gang, Zittern oder Festliegen,
  • flache, schnelle Atmung,
  • dunkelbrauner Urin,
  • manchmal leicht gerötete Schleimhäute.

Tückisch: Die Pferde fressen oft weiter, obwohl die Krankheit bereits fortschreitet. Ohne sofortige tierärztliche Hilfe sterben viele Tiere innerhalb von 24 bis 72 Stunden. Die Sterblichkeitsrate beträgt laut Agroscope rund 74 %.


Nicht jeder Ahorn ist giftig

Nur zwei Arten sind gefährlich:

  • der Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
  • und der seltener vorkommende Eschenahorn (Acer negundo).

Spitzahorn (Acer platanoides) und Feldahorn (Acer campestre) sind dagegen ungefährlich.
Erkennungsmerkmal: Die „Propellerflügel“ des Bergahorns bilden einen spitzen Winkel, ähnlich wie „Reiterbeine“. Beim Spitzahorn hingegen stehen sie fast gerade auseinander.


Vorbeugen ist die beste Medizin

Da es kein Gegenmittel gegen Hypoglycin A gibt, zählt nur Prävention. Die wichtigsten Tipps der Beratungsstelle Pferd (Agroscope, Schweizer Nationalgestüt):

  • Weiden kontrollieren – im Herbst regelmässig nach heruntergefallenen Samen oder Keimlingen absuchen.
  • Futterversorgung sicherstellen – satt gefütterte Pferde fressen weniger Samen.
  • Baumarten bestimmen – verdächtige Ahornbäume von Fachpersonen identifizieren lassen.
  • Weidezeit begrenzen – auf Risikoweiden im Herbst weniger als 6 Stunden täglich.
  • Tränken reinigen – damit keine Samen oder Keimlinge ins Wasser gelangen.

Fazit: Achtsam durch den Ahornherbst

Die bunten Herbsttage sind schön – aber für Pferde auch gefährlich. Wer seine Weiden kennt, regelmässig kontrolliert und auf gutes Weidemanagement achtet, kann sein Pferd vor der atypischen Weidemyopathie schützen. Ein kurzer Spaziergang über die Weide kann Leben retten – und macht den Herbst wieder zu dem, was er sein soll: eine goldene, gesunde Zeit für Pferd und Mensch.


Quellen & weiterführende Informationen

Bildquelle: Pexels

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