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Über die verschiedenen Therapieformen unter Berücksichtigung der heutigen wissenschaftlichen Kenntnisse der Pferdemedizin machten wir uns einmal grundlegende Gedanken. Wir bemühten uns, einige Methoden in Theorie und Praxis kennenzulernen, möglichst neutral zu begutachten, und dies nicht in Analogie zum Menschen, sondern aufgrund der ganz speziellen Verhältnisse des Pferdes, die wir nach jahrzehntelanger praktischer Erfahrung zu kennen glauben. Dabei sind wir, und das sei einleitend festgehalten, zum Schluss gekommen, dass das Grundproblem der Auseinandersetzung Schulmedizin-Komplementärmedizin zu einem grossen Teil in der ungenügenden und/oder gar falschen Ausbildung beider Fachrichtungen liegt. Nicht nur der Alternativ-, sondern auch der Schulmediziner. Zudem fehlt es beiderseits an grundlegenden Informationen.

Zur Diagnose
Der «Schulmediziner», der «rationalen Medizin» verpflichtet, hat in seiner Ausbildung gelernt oder lernen müssen, seine Tätigkeit in Diagnostik und Therapie auf wissenschaftlich erhärteten, Tatsachen zu stützen. Das beginnt mit der Anatomie, dann mit der Physiologie und vor allem mit der Pathologie bzw. der Pathophysiologie. Mit der begrifflichen Kombination «Pathophysiologie» ist gemeint, wie der Körper unter den krankhaften Veränderungen abweichend funktioniert und welche Funktionsmechanismen zu der krankhaften Veränderung führen (Pathogenese).
Ein(e) ehrliche(r) Tierarzt/Tierärztin sucht aufgrund klinischer Untersuchung des Pferdes unter Miteinbezug der individuellen Erfahrung eine Diagnose, das heisst die Ursache und die Lokalisation einer Störung. Hilfreich oder gar notwendig ist dabei, dass die zugrunde liegenden krankhaft veränderten Strukturen oder Organe bekannt sind. Zur Diagnose notwendig ist eine aufwendige Ausbildung, früher anhand von eigener Sektionsarbeit, heute vermehrt auch aus Lehrprogrammen. Ein(e) geschulte(r) Tierarzt/Tierärztin muss wissen, wo und wie sich die krankhaft veränderten Strukturen präsentieren.
Eine Diagnosestellung kann bei offensichtlich klarer Symptomatik (zum Beispiel bei einer offenen Fraktur, einem akuten Sehnenschaden oder einer Hufrehe) einfach sein, ist es aber in vielen Fällen nicht. Liegt beispielsweise ein Problem ohne sicht- oder spürbare Veränderungen wie eine Lahmheit oder eine innere Erkrankung vor, darf die Diagnose nicht ohne zusätzliche Untersuchungen gestellt werden, die eine Vermutung stützen oder verwerfen. Eine Lahmheit eines Pferdes kann beispielsweise nur mit Sicherheit lokalisiert werden, wenn sie mit Hilfe einer Lokal- oder Leitungsanästhesie ausgeschaltet werden kann. Zusätzliche Informationen ergeben sich dann durch eine notwendige radiologische Untersuchung. Hilft die diagnostische Anästhesie nicht weiter, wie zum Beispiel bei Lahmheiten ausgehend von oberen Strukturen der Gliedmassen, bei Problemen ausgehend von der Wirbelsäule oder von anderen nicht durch Lokalanästhetika erreichbaren Strukturen, stehen uns heute ausgereifte bildgebende Techniken wie zum Beispiel die Knochenszintigrafie oder die Ultraschalluntersuchung zur Verfügung. Die 20-jährige Erfahrung mit diesen Untersuchungsmethoden hat uns gelehrt, dass klare Diagnosen im Bereich der Wirbelsäule oder generell aller Gelenke mit wenigen Ausnahmen möglich sind. Nur: Die Erarbeitung einer Diagnose kann im Einzelfall aufwendig (und teuer) sein, weshalb man sich vorerst lieber «einfacherer Verfahren» bedient, die ohne Diagnose zu «heilen» imstande sind. Die natürliche Heiltendenz eines Körpers hilft dabei wesentlich mit, was den Erfolg von vielen komplementären Therapien zu erklären vermag.
Die Diagnose einer inneren Erkrankung ist ohne zusätzliche Untersuchungsmethoden wie Labor- oder -Biopsiewerte undenkbar. Die zur Lokalisation beziehungsweise zur Feststellung der Schwere einer inneren Erkrankung notwendigen Laborparameter beim Pferd sind heute weitgehend bekannt und  erhältlich. Dies aber ebenfalls nicht ohne entsprechenden Aufwand (und Kosten.)
Der «Komplementärmediziner» auf der anderen Seite arbeitet beim Pferd, je nach Disziplin, weitgehend ohne wissenschaftlich fundierte Basis und meist nach «Gefühl». Grössere, kostenintensive und zeitraubende Untersuchungen sind nicht üblich, was beim Laien beliebt ist. Viele gestellte Diagnosen basieren nicht auf pathologisch feststellbaren Schäden, sondern eher auf Intuition. Während einige Methoden wie die Osteopathie oder die Akupunktur ebenfalls auf einer gründlichen Untersuchung (vor allem Palpa-tion) beruhen, basieren viele andere  «Therapien» auf Grundlagen, die für einen wissenschaftlich geschulten Arzt im 21. Jahrhundert weder begreif- noch  nachvollziehbar sind und für die jeglicher Beweis einer Wirksamkeit, übrigens auch beim Menschen, bis heute fehlt. Eine komplementäre Methode wird durch Laien fast immer als «sanft, natürlich und nebenwirkungslos» betrachtet und das Resultat selten hinterfragt. Ob eine Wirkung vorhanden ist, scheint nicht vordergründig.

Humanmedizin ist nicht Pferdemedizin
Bei der Beurteilung komplementärer Methoden in der Veterinärmedizin erscheint uns die Differenzierung zwischen Tier und Mensch beziehungsweise Pferdemedizin/Humanmedizin von grundlegender Bedeutung. Die zugrunde liegenden Probleme, Veränderungen und die Therapiekonzepte lassen sich kaum vergleichen oder anwenden. Philosophen wie Heisenberg und Capra haben sich nur am Menschen, nicht aber am Tier und schon gar nicht am Pferd orientiert. Der Miteinbezug der Psyche, der Glaube und die Überzeugungskraft des Therapeuten sind beim Menschen für einen Erfolg von essenzieller Bedeutung. Wir sehen aber trotz denkbar akzeptierbarer Prinzipien keine Ansatzpunkte in der Tiermedizin und in der Pferdeproblematik im Besonderen. Dem Tier respektive dem Pferd fehlt der beim Menschen so wichtige Glaube an den Erfolg und die Probleme des Pferdes liegen woanders als beim Menschen. So sind schwerwiegende und tödlich verlaufende Krebserkrankungen, wie sie zum Beispiel von Simonton «ganzheitlich» behandelt werden, beim Pferd völlig unbekannt und die beim Menschen oft komplementärmedizinisch angegangenen chronischen Schmerzzustände sind beim Tier infolge mangelnder Kommunikationsmöglichkeit meist nicht definier- und ihr Behandlungserfolg auch nicht mess- oder kontrollierbar. Die häufigen Probleme an der Wirbelsäule, zum Beispiel im Rücken oder in der Beckengegend, ausgehend von arthrotischen Prozessen, liegen beim Pferd, wegen ihrer Lokalisation und der anatomischen Lage, weit ausserhalb einer «sanften» Behandlungsmöglichkeit. Zudem sind sie nicht mit den, beim Menschen häufigen, Diskopathien -vergleichbar. Nachweisbare Behandlungserfolge bei den, beim Pferd häufigen, chronisch degenerativen Ge-lenkserkrankungen (Arthrosen) sind von uns nie beobachtet worden.
Als «ganzheitliche Medizin» betrachten wir beim Pferd eine den -Anforderungen der Spezies entsprechende Haltung mit den geeigneten flankierenden Massnahmen einer pferdegerechten Ausbildung und Verwendung, was man auch als «Prophylaxe» oder im weitesten Sinne als «horsemanship» bezeichnen kann. Dies wäre für uns ein weites und sinnvolles Arbeitsfeld für eine paramedizinische Tätigkeit zur Unterstützung als flankierende  Massnahmen einer nach wie vor absolut notwendigen «schulmedizinischen» Diagnostik und Therapie.

Wie gut sind Ausbildungen?
Wir sind uns bewusst, dass viele Komplementärmediziner einen riesigen Aus- und Weiterbildungsaufwand von Hunderten von Stunden auf sich nehmen. Daneben existieren aber leider auch viele obskure «Ausbildungsstätten», die diesen Namen nicht verdienen und in Tageskursen wirksame und selber durchführbare Therapien anbieten. Es werden zu häufig weitgehend unbewiesene Theorien der Ursachen und Abläufe mehr oder weniger kritiklos gelernt, übernommen und als Fakt dargestellt. So, nur um ein Beispiel zu nennen, werden durch einfache Manipulation «Blockaden von Bandscheiben» gelöst, die es so unseres Wissens beim Pferd gar nicht gibt.
Wir sind uns bewusst, dass komplementärmedizinische Behandlungen beim Homo sapiens oft von Erfolg gekrönt sind, auch wenn sich dieser Erfolg mit keinen Methoden nachweisbar messen lässt. Ob dies aber auch beim Pferd so ist, bleibt offen und wäre zu beweisen.
Eingangs haben wir festgestellt, dass die unterschiedlichen Ansichten und Meinungen in der teilweise ungenügenden Ausbildung liegen können. Was ist darunter zu verstehen? Dem Schulmediziner mit wissenschaftlicher Grundlage fällt es aufgrund seiner Ausbildung schwer, offen und ohne Vorbehalte «andere» Heilmethoden zu begreifen beziehungsweise akzeptieren zu können. In der universitären Ausbildung wäre es wichtig, die Studenten von entsprechend geschulten Fachleuten über die Möglichkeiten und Grenzen alternativer Methoden zu orientieren. Sachlich und klar. So existieren bereits heute in der Humanmedizin anerkannte Lehrstühle für Komplementärmedizin, die auf wissenschaftlicher Basis die Wirkungen verschiedener Methoden zu erhärten und entsprechend aufzuklären versuchen, aber auch klar die Grenzen aufzeigen.
Es wäre wichtig, dass sich auch ausgebildete und erfahrene Tierärzte nach entsprechender wissenschaftlicher Ausbildung vermehrt dem alternativen Arbeitsfeld widmen. Von einem kritischen, akademisch ausgebildeten und denkenden Tierarzt wird dann zu erwarten sein, dass er aufgrund von sachlicher Information und eigenen Erfahrungen seine Meinung bilden kann. Solange er aber nur vom «freien Markt» informiert wird und dem Wunsch der Kundschaft zwingend zu folgen hat, kann sich die Situation nur schwerlich ändern.
Dem Komplementärmediziner fehlt, trotz seiner Ausbildung, in den meisten Fällen die Basis, das heisst die fundierte Kenntnis der anatomischen und pathologisch veränderten Strukturen beim Pferd und, damit verbunden, die Kenntnis der therapeutischen Möglichkeiten. Die Schulmedizin muss nach wie vor die Basis einer erfolgreichen Behandlung bleiben. Die Komplementärmedizin bietet ein weites Feld zur Unterstützung.
Es wäre jedem Komplementärmediziner wohl geraten, sich über die seit mehr als 100 Jahren erarbeiteten medizinischen Kenntnisse besser zu informieren. Das gäbe dann einen Ansatz für eine sinnvolle Kooperation. Solange aber beide Seiten unverrückbar an ihrer Meinung festhalten, wird sich die heutige Situation kaum ändern.

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