Wenn wir unsere Pferde beobachten, bemerken wir schnell: Ihre Tagesgestaltung ist geprägt von Routine, Vorlieben und feinen Verhaltensunterschieden. Doch wie viel Zeit verbringen Pferde wirklich mit Fressen, Ruhen, Stehen oder Bewegung – und was bedeutet das für Stallhaltung und modernes Management?
Eine aktuelle Meta-Studie aus 2025 hat weltweit 40 wissenschaftliche Arbeiten zum „Time-activity budget“ analysiert und dabei über 360 Pferde in verschiedensten Haltungsformen miteinander verglichen. Das Ziel: Herauszufinden, wie Haltung, Fütterung und Sozialkontakt das alltägliche Verhalten und damit das Wohlbefinden der Pferde beeinflussen.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
- Fressen ist Lebenszeit! Pferde in freier oder naturnaher Haltung verbringen im Schnitt 56% des Tages mit Fressen – das sind etwa 13,5 Stunden! Im Vergleich dazu kommen Pferde in der klassischen Stallhaltung lediglich auf 38% oder rund 9 Stunden. Gruppenhaltung und Weide (statt reines Heu im Stall) fördern längere Fresszeiten und damit Verhaltenszufriedenheit.
- Mehr Ruhe für Junge, mehr Stehen für Grosse: Ponys und Jungpferde liegen deutlich länger als erwachsene oder grössere Pferde. Sozialkontakt (Gruppenhaltung) führt zu mehr Ruhephasen, Einzelhaltung und reine Boxenhaltung dagegen zu erhöhtem Stehen – ein Faktor, der mit weniger Wohlbefinden korreliert.
- Bewegung bleibt Mangelware: Unabhängig von der Haltung zeigt die Studie: Aktivität macht im Schnitt nur 5% des Tages aus! Besonders stalleingestellte, einzeln gehaltene Pferde bewegen sich deutlich weniger als ihre frei weidenden Artgenossen.
- Fürs Management heisst das: Haltung und Fütterung sind zentrale Stellschrauben für das Verhalten und das Wohl der Pferde. Wer Weide, Gruppen und „Fressen wie in der Natur“ bietet, punktet nicht nur beim Tierwohl, sondern verhindert auch typische Stallprobleme wie Langeweile und Verhaltensstörungen.
Was bedeutet das für uns in der Schweiz?
Viele Betriebe setzen bereits auf Gruppenhaltung, Paddock-Trails und regelmässigen Weidegang. Die Studie zeigt: Dieser Weg ist wissenschaftlich fundiert und zahlt sich aus. Es lohnt sich, die Haltungsbedingungen immer wieder kritisch zu hinterfragen und Richtung „Fressen, Freunde, Freiheit“ auszubauen.
Quellen:
- ScienceDirect – „Time-activity budget in horses and ponies: A systematic review and meta-analysis on feeding dynamics and management implications“ (2025)
- Agroscope, 2015: „Herausforderungen der modernen Pferdehaltung – Teil 1“
- Marliani et al., 2020: „Evaluation of Horses‘ Daytime Activity Budget“
Foto:
Jean Alves
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