Aus “Kavallo” 05/24: Der Trend geht immer mehr zur Gruppen- und Offenstallhaltung. Auch Experten befürworten reitweisenübergreifend eine möglichst artgerechte Haltungsform, die Pferden das Leben innerhalb einer Herde mit viel freier Bewegung und Sozialkontakt gestattet. Wer sich weitreichender mit diesen Empfehlungen beschäftigt, dem erschliessen sich die Argumente sofort und schnell ist klar: das ist auch das Richtige für das eigene Pferd. Selbstverständlich soll das geliebte Tier glücklich, ausgeglichen und gesund sein. Immerhin profitieren davon auch der Bindungs- und Vertrauensaufbau zum Menschen. Eine Win-win-Situation! Aber was, wenn sich diese Vorstellung nicht realisieren lässt? Wie soll damit umgegangen werden, wenn das Pferd zum Aussenseiter degradiert oder sogar Schikane durch Artgenossen ausgesetzt ist? Auf was muss geachtet werden, damit das Abenteuer Vergesellschaftung nicht zum Alptraum wird?
Von Susanne Kreuer
Gewichtsverlust, Apathie, Lethargie, übermässiges Schwitzen, Schlafstörungen oder ständige Anspannung und Aufregung – ausgegrenzt zu werden, ist für betroffene Pferde purer Stress! Hinzu kommen nicht selten Spuren von Tritten und Bissen, die keinesfalls zur Entspannung der Lage beitragen. Auch in Pferdeherden gibt es unter Umständen Ausgestossene, deren Rechte auf ausreichend Futter, Wasser, Platzangebot und Sozialkontakt (mitunter sogar im Kollektiv) beschränkt werden. Sie werden von Fress- und Wasserstellen vertrieben, stehen häufig abseits, werden kaum beachtete, dienen im schlechtesten Fall als „Prügelknaben“ und haben irgendwann kaum mehr ausreichend Ressourcen, um sich dagegen wehren zu können. Vielmehr können sowohl der physische als auch psychischer Abbau dieser Pferde von aussen beobachtet werden. Sie erfahren Leid und tun dieses durch ihr ggf. auffälliges Verhalten auch kund. Was die Lebensqualität ursprünglich steigern und der Gesunderhaltung dienen sollte, stellt sich für etliche Halter und ihre Pferde als Schreckgespenst heraus, das sich – ist das Kind erst mal in den Brunnen gefallen – nicht so leicht lösen lässt wie erhofft. Das muss allerdings nicht sein!