Aus “Kavallo” 04/24: Im ersten Teil ging es um die generellen Voraussetzungen des Wahrnehmens, um die Selektion, die Fokussierung und das Verallgemeinern des Wahrgenommenen, aber auch um die daraus abgeleiteten Regeln. Dann galt unser Augenmerk vor allem der optischen Wahrnehmung der Pferde. Im zweiten Teil wenden wir uns nun den anderen Sinnen zu und lassen am Schluss die erfahrene Tierärztin Selma Latif zu Wort kommen zum spannenden Thema der Propriozeption oder Eigenwahrnehmung der Pferde.
Von Christoph Meier
Die deutsche Sprache hilft uns beim Verständnis und legt uns nahe, dass Wahr-Nehmung nicht ein passiver, sondern ein aktiver Vorgang ist, der vom Wahrnehmenden initiiert und gesteuert wird. Wir ‘nehmen’ etwas, wählen es also aus einer Menge möglicher Wahrnehmungsobjekte aus, und stellen es dann vorläufig einmal als ‘wahr’ hin. Mit diesem Gedanken der aktiven Auswahl, der Vorläufigkeit, der Relativität und der individuellen Unterschiedlichkeit jeder Wahrnehmung und ihrer Interpretation möchte ich auch in diesem zweiten Teil an die übrigen Wahrnehmungsmodi des Pferdes herangehen. Alles hier Gesagte ist auch nur Resultat der Selektion verfügbarer Informationen und eigener Erfahrungen und es gilt für den Leser, die Wahr-Nehmung des Autors und der von ihm zitierten Co-Autoren mit seinen eigenen Erkenntnissen abzugleichen, allfällig abweichende Erfahrungen zur Debatte zu stellen und mit dem weiterzuforschen in seinem Rösseler-Alltag, was er für das zurzeit Wahr-Scheinlichste oder Plausibelste oder Erfolgversprechendste hält.