Pferdeplausch auf Schnee und Eis

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Winterwunderland lockt seit 150 Jahren in die Berge. Dem mir im Zugabteil gegenübersitzenden Australier ist es nicht anders ergangen. Der Grund seiner Reise gibt das Thema für weitere Gespräche. Im Fernsehen sei ein Beitrag über den White Turf im Engadin ausgestrahlt worden. Da hätten sie sich gesagt, wenn das so sei, müssten sie sich das mit eigenen Augen ansehen. Nicht nur sehen, auch riechen musste er das Postkartenwetter, das uns nach dem Albulatunnel empfing: Die klirrende Kälte schreckte ihn nicht davon ab, er musste seinen Kopf zum Fenster hinausstrecken und die Schneeluft einatmen. Mich freute es, dass er am Ziel seiner langen Reise Bedingungen wie im Film antraf und einen Bilderbuch-Renntag erlebte – Galopp-, Trab- und Skikjöringprüfungen vor imposanter Bergkulisse.
Die Bergwelt im Schnee im Allgemeinen und der weisse Pferdesport im Besonderen locken seit eh und je. Denn schon 1907 wurde im «Engadin Express & Alpine Post» die Frage gestellt: «Wer zählt die Völker?» Freilich, ein Ansturm war erwartet worden. Mit einem Extrazug wurden die Besucher aus den Gauen jenseits der Berge ins Engadin gefahren. Und was in St. Moritz einen so durchschlagenden Erfolg hatte, fand Mitte letzten Jahrhunderts in der ganzen Schweiz Nachahmung. Auch der Obersee in Arosa wurde Schauplatz von Pferderennen, internationale Springprüfungen wurden in Davos durchgeführt, Pferdesport auf Schnee in allen Variationen lockte ebenso in die Winterkurorte Adelboden und Gstaad. Für den aufkommenden Fahrsport gab es Schlittenturniere. Und das extravagante St. Moritz inszenierte 1985 mit Erfolg auf dem gefrorenen See den Cartier Polo World Cup on Snow.
 
Respekt vor dem Schnee
Grosse Unterschiede für das Training von Pferden für Schnee, Sand oder Gras lassen sich schwer finden und doch ist bei Trainern wie Besitzern viel Respekt gegenüber dem Schneeturf zu spüren. In früheren Jahren vielleicht noch mehr als heute. Besonders vorsichtig scheint man bei den Trabern zu sein, denn – so sagt man sich – wer zu früh auf Schnee rennt, macht mehr kaputt, als dass er gewinnt.
So wie sich die Piste – seit 1960 wird das Geläuf mit einem Pistenfahrzeug präpariert – heute präsentiert, scheint die Schneeeignung der Pferde etwas in den Hintergrund zu rücken. Ob es die herumfliegenden Schneeschollen sind, die empfindlicheren Pferden nicht behagen, oder der gleis-sende Schnee, der sensible Vollblüter unsicher macht – warum nicht alle Pferde gleich gut auf Schnee wie auf Gras laufen, wird kaum je ganz geklärt werden können. Jedenfalls brauchts bei den Pferden viel Kampfeswille und Härte. Viel zu viel empirisch in Erfahrung gebracht und viel zu wenig wissenschaftlich erforscht ist freilich ganz allgemein die Trainingsarbeit auf der alpinen Rennbahn auf 1800 Metern über Meer. Ob mit einem gezielten Höhentraining wie beim Menschen bessere Trainingseffekte erzielt werden können, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Während acht Jahren betrieb der Pferdetierarzt Markus Müller im Engadin eine Höhenklinik und machte  gute Erfahrungen: «Der Aufenthalt im Engadin hat den Pferden eindeutig gutgetan. Auch wenn exakte Laboruntersuchungen fehlten, war für Besitzer und Pfleger bei der Rückkehr ein besserer Allgemeinzustand ersichtlich.»
 
Pferde sind EPO-Produzenten
Was so brennend interessiert, ist die Frage, ob der beim Menschen angestrebte EPO-Effekt auch bei Pferden zu erreichen ist, ob also auch das Pferd
in der Lage ist, eine Leistungssteigerung über eine höhere Anzahl von roten Blutkörperchen herbeizuführen. Doch bei Pferden gelten nach den Worten von Dr. Mike Weishaupt vom Leistungszentrum des Tierspitals Zürich andere physiologische Grundsätze als beim Menschen: «Das auf Flucht spezialisierte Pferd ist von Natur aus in der Lage, rote Blutkörperchen in der Milz zu speichern, um sie dann bei Belastung sofort auszuschütten.» Pferde sind also praktisch ihre eigenen EPO-Produzenten, den beim Menschen gesuchten EPO-Effekt haben sie gar nicht nötig.»

In einem Punkt sind sich die auf ihre Erfahrung stützenden Trainer wie die auf wissenschaftlicher Basis arbeitenden Tierärzte einig: über die sich auch beim Menschen auswirkende Adaptationszeit an die sauerstoffärmere Luft auf 1800 Metern. In der Regel kommt nach drei bis fünf Tagen der Leistungsknick, was so viel heisst wie: Entweder reist man direkt auf den Renntag an oder dann eine Woche bis zehn Tage früher.
Winterfreuden mit Pferden lassen sich natürlich nicht nur entlang der Rails geniessen. Schlittenfahren wie das von Graf Wrangel in seinem «Buch vom Pferd» vor gut 100 Jahren gelobt worden war, ist zwar in den schneearmen Wintern ein seltenes Vergnügen geworden. Weit besser stehen die Chancen schon für fröhliche Schneegalopps. Und dazu müssen Pferde nicht lange aufgefordert werden, spüren doch auch sie bei den tiefen Temperaturen einen ungestümen Vorwärtsdrang. Lange Galopps werden im Schnee wie kaum zu einer anderen Jahreszeit möglich. Doch was für die Reiter ein einmaliges Vergnügen ist, sieht für die Pferde oft anders aus: Liegt viel Schnee und ist er nass und schwer, zehrt ein Galopp an den Kräften.

  • Schweizer Zuchtgenossenschaft für Arabische Pferde

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