Die Folgen nach dem Reglements-Sturm

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Kommunikation und Information sind wichtige Führungsinstrumente, sie holen Indianer ins Boot oder grenzen sie aus.» Dieser Satz fiel nicht an irgendeinem Führungsseminar für Pressesprecher. Nein. Er fiel an der Ausserordentlichen Mitgliederversammlung des Schweizerischen Verbands für Pferdesport SVPS. Marianne Lüdi, Präsidentin des Regionalverbandes ZKV, brachte damit die Stimmung der Basis auf den Punkt. Die Indianer – sprich Reiter – fühlen sich ausgeschlossen. Sie sind dem Dachverband gegenüber nicht freudig eingestellt. Im Gegenteil. Das Misstrauen ist gross, der Ärger auch. Aus einem simplen, technokratischen Grund: Reglementsänderung. Seit dem ersten Januar 2011 gelten in der Schweiz neue Regeln in allen Sportdisziplinen – Springen, Dressur, Endurance, Voltige und so weiter. Allen Voran bei den Springreitern sorgten gewisse Anpassungen für rote Köpfe. Stein des Anstosses: Statt Gewinnsummen sammeln Pferde neu Punkte. Sprich: Für Platzierungen gibt es neben dem Geld auch Punkte, die anhand einer Tabelle verteilt werden. Ab einer gewissen Punktezahl darf man die Stärkeklasse wechseln. Am meisten kritisiert wurde dabei das Verteilsystem. Wer nicht jedes Wochenende gewinne, habe fast keine Chancen, in einer höheren Stufe zu starten, hiess es. Die Tabelle hat der Dachverband nun auf das neue Jahr angepasst – das Geschirr bleibt aber vorerst zerschlagen.

Von langer Hand vorbereitet

Doch von vorne: Schon vor sieben Jahren fanden beim SVPS die ersten Diskussionen über eine Anpassung des Reglements statt. So wurden immer wieder unfaire Wettbewerbsbedingungen bemängelt. Zu gute Reiter starteten in tiefen Klassen und heimsten alle Siege ein. Auch viele überforderte Pferde sah man auf Turnierplätzen. Dem wollte der Verband Einhalt gebieten. Deswegen erarbeitete er damals noch  ohne grosses Aufsehen neue Regeln, weg vom Gewinnsummen- hin zum Gewinnpunktesystem. Zudem sollten neu auch Reiter Punkte sammeln: Die Einteilung in die Stärkeklassen sollte demnach nicht mehr nur nach der Leistung des Pferdes, sondern auch nach der des Reiters erfolgen. Im April 2010 veröffentlichte der Verband das Reglement. Im September stellte er es auf die Internetseite und auf Januar 2011 wollte der SPVS endgültig mit dem Alten abschliessen.

Die Meinungen sind gemacht

Und wie so oft bei trockenen, bürokratischen Vorgängen nehmen Betroffene die Veränderungen erst dann wahr, wenn es eigentlich schon fast zu spät ist. Anders als normalerweise, wo jeder ein wenig flucht und sich dann anderem zuwendet, war das Murren grösser, die Stimmung kochender. Die Faust im Sack wurde zur aktiven Hand. Flugs gründeten aktive Springreiter eine Interessengemeinschaft (IG) für guten Pferdesport. Innert kürzester Zeit stieg die Anzahl Mitglieder auf 2500. Die IG hatte sich auf die Fahne geschrieben, das Reglement zu verhindern. Es sei zu kompliziert! Unfair! Es schade dem Sport! Und warum Altbewährtes sich nicht weiter bewähren lassen? Das waren einige der Einsprüche gegen das neue Reglement. Landauf, landab wurden auf den Turnierplätzen nicht mehr nur Siege begossen und Niederlagen verkraftet – nein, es wurde diskutiert und moniert.
Die Meinungen waren gemacht: Das Reglement taugt nichts, so der breite Tenor bei den Springreitern. Dies blieb auch dem SVPS nicht verborgen. Er hatte zwar mit Widerstand gerechnet – in traditionsreichen Sportarten sorge jede Änderung für Reaktionen –, trotzdem sah er sich von der Basis zum Handeln gezwungen. Er hielt am Einführungstermin anfangs Januar fest, aber eine Task Force sollte die schärfsten Kanten des Reglements abrunden. Und der Dachverband rief die Regionalverbände dazu auf, bis im Sommer Verbesserungsvorschläge zu sammeln. Insgesamt gingen 100 Anträge ein, 50 davon allein für das Springreglement. Der SVPS nahm die meisten an und passte das Reglement auf das neue Jahr erneut an.

SVPS gibt den Ball zurück

Damit hat sich die Stimmung wieder etwas beruhigt. Die Regionalverbände sind sich aber einig: Der Dachverband hat sich mit dieser Aktion ins Abseits gespielt. «Bei Änderungen dieser Grössenordnung spielt die zeitgerechte und transparente Kommunikation eine zentrale Rolle. An dieser Stelle wurden im SVPS grosse Fehler gemacht», sagt Andreas Stutz, Sprecher des grössten Regionalverbands OKV. Dem stimmt Lüdi zu. «Bei besserer Kommunikation wäre die ganze Aufregung nur halb so gross gewesen.» Das will der SVPS so nicht auf sich sitzen lassen. «Die Einführung des Gewinnpunktesystems war von langer Hand geplant», sagt Kommunikationsverantwortliche Angelika Nido. Ein Jahr vor der Einführung seien in der ganzen Schweiz Orientierungsveranstaltungen durchgeführt und im Bulletin seien die Neuerungen in mehreren Artikeln detailliert beschrieben worden. «Wir sind uns aber bewusst, dass wir mit unseren Informationen nur jene Pferdesportler erreichen, die dafür auch empfänglich sind», sagt sie und wirft den Ball indirekt den Reitern zu.

Erste Annäherungsversuche

Ganz wirkungslos blieb die Kritik der Basis beim SVPS indes nicht. Der Dachverband hat im Sommer seine Kommunikationswege analysiert und ein neues Konzept erarbeitet. Als erste Tat hat er eine erste zentrale Kommunikationsstelle geschaffen: Seit dem ersten September ist die Journalistin Angelika Nido neu Verantwortliche für diesen Bereich. Bei ihrer Rede legte sie denn auch Wert darauf, die Nähe zur Basis wiederherzustellen. «Ich will die Indianer im Boot behalten», sagte sie. Bei den Regionalverbänden nimmt man die neu geschaffene Stelle positiv auf. «Es ist ein Schritt in die richtige Richtung », sagt Stutz. Das letzte Wort in Sachen Reglement und Kommunikation dürfte damit aber noch lange nicht gesprochen sein. Erst mit der Zeit wird sich zeigen, ob sich die Wogen längerfristig geglättet haben.
Alle Änderungen des Reglements sind auf www.fnch.ch abrufbar.
  • Schweizer Zuchtgenossenschaft für Arabische Pferde

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